Planungswettbewerb „Erweiterung des Historischen Museums Saar“

Das seit 1986 bestehende Historische Museum Saar ist durch Erweiterungen 1993 und 2007 auf eine Fläche von über 2.700 Quadratmetern angewachsen. Eingebunden in das Ensemble sind Originalorte, wie das Unsichtbare Mahnmal auf dem Schlossplatz, die Gestapo-Arrestzelle im Museum sowie barocke Keller des Saarbrücker Schlosses, Reste der Saarbrücker Burg aus Mittelalter und Früher Neuzeit und moderne Architektur von Prof. Gottfried Böhm. Mit allen bereits erfolgten Erweiterungen ist das Potenzial des Museums gewachsen und ein immer größeres, internationaleres und diverses Publikum wird angesprochen – nicht zuletzt auch durch programmatische Anpassungen und Neuerungen. Durch die schrittweise Realisierung der Neukonzeption aller Ausstellungsbereiche innerhalb der nächsten Jahre, wird erwartet, dass die jährliche Besuchszahl schnell auf 50.000 und mehr ansteigt. Aktuell stehen für das Ankommen und eine freundliche Begrüßung des Publikums jedoch nur 45 m² zur Verfügung.

Deshalb ist eine Erweiterung der Serviceflächen und eine Überarbeitung der Wegeführung zur besseren und im besten Fall intuitiven Orientierung dringend erforderlich. Die Flächen im Museum sollen im Zuge der Neukonzeption der Dauerausstellung neu verteilt werden, auch um Sonderausstellungen größeren Umfangs in der großen zweigeschossigen Ausstellungshalle zeigen zu können. Deshalb hat die Aufbaugesellschaft Saarbrücker Schloss mbH des Regionalverbandes einen europaweiten Planungswettbewerb ausgelobt. Gegenstand des Wettbewerbs ist ein neues Museumsfoyer durch eine bauliche Erweiterung des Historischen Museums Saar zwischen dem Südflügel des Saarbrücker Schlosses und der Ausstellungshalle. Eine besondere Herausforderung ergibt sich durch das denkmalgeschützte Schlossensemble.

Auslobung

  • Im Mai 2023 wurde FREESE Architekten GmbH mit der Durchführung eines begrenzt offenen Wettbewerbs nach GRW Saar beauftragt. Es wurde festgelegt, die Teilnehmerzahl auf 30 zu begrenzen, wovon 10 Teilnehmer eingeladen wurden.
  • Am 16.08.2023 erfolgte die öffentliche Bekanntmachung im Europäischen Amtsblatt.
    Am 08.09.2023 wurde eine erste Besprechung mit dem Preisrichtergremium durchgeführt, um das Konzept der Auslobung zu erörtern.
  • Mit Anmeldeschluss gingen am 18.09.2023 insgesamt 49 Anträge auf Teilnahme ein. Von den 10 eingeladenen Büros haben 8 einen Teilnahmeantrag eingereicht. Im angekündigten Losverfahren wurden 22 Teilnehmer sowie 5 Nachrücker gelost.
  • Am 26.09.2023 wurden die Unterlagen der Auslobung an die Teilnehmenden über die elektronische Plattform DTVP ausgereicht.

Kolloquium

  • Rückfragen aus dem Kreis der Teilnehmer wurden von FREESE Architekten gesammelt und zur Beantwortung durch das Preisrichtergremium am 13.10.2023 vorgelegt. Im anschließenden Kolloquium wurden die Fragen mit zugehörigen Antworten aufgerufen und den Teilnehmenden vorgetragen. Weitere Fragen der Teilnehmenden wurden angenommen und beantwortet.
  • Breiten Raum nahm die Diskussion um die Nutzung der Fläche vor dem bestehenden Gebäude des historischen Museums ein. Insbesondere die Restriktionen des Denkmalschutzes wurden eingehend diskutiert. Im Ergebnis hat das Landesdenkmalamt (LDA) einer Nutzung der Fläche im Rahmen von Freiflächengestaltungen mit einer Lageskizze, die Fläche definierend, zugestimmt.
  • Das Ergebnis des Kolloquiums wurde verschriftet und zusammen mit einer Videoaufzeichnung den Teilnehmern über die Plattform DTVP zur Verfügung gestellt.

Wettbewerbsarbeiten

  • Zum Stichtag 15.12.2023 gingen 22 Arbeiten fristgereicht über die Plattform DTVP ein. Modelle und perspektivische Darstellungen als Teil der Präsentationspläne wurden gemäß Vereinbarung vom Kolloquium am 19.01.2024 nachgereicht.
  • Die anonymen, sechsstelligen Kennzahlen der Arbeiten wurden von der Vorprüfung mit neuen vierstelligen Tarnzahlen überdeckt und somit alle Bestandteile der Arbeiten vollständig anonymisiert.

Stimmberechtigte Fachpreisrichter

  • Thorsten Kock (Vorsitzender) / Stuttgart
  • Henning Meyer (Stellvertreter) / Stuttgart
  • Heiko Lukas / Saarbrücken
  • Jürgen Recktenwald / Saarbrücken
  • Ursula Witry / Echternach

Fachpreisrichter / Stellvertreterin

  • Bettina Berwanger / St. Wendel

Stimmberechtigte Sachpreisrichter

  • Simon Matzerath / Saarbrücken
  • Susanne Zils / Saarbrücken
  • Jessica Siebeneich
  • Peter Michael Lupp

Sachpreisrichter Stellvertreter

  • Gisbert Oberkirch

Sachverständige ohne Stimmrecht

  • André Recktenwald
  • Gregor Scherf
  • Reinhard Schneeweiß

Vorprüfer

  • Carmen Bender
  • Henning Freese
  • Celine Heilmann
  • Heike Schneider
  • Jan Philipp Weber

1. Platz

trint und kreuder d.n.a. / Köln

Städtebauliche Einbindung

Aus dem vielschichtigen Anforderungsprofil für die Erweiterung des Historischen Museums Saar und seine Transformation in ein optimal funktionierendes Museum mit einer verbesserten Sichtbarkeit im Stadtraum und zeitgemäß ambitionierten Energie-Kennwerten ließen sich die folgenden Ziele konkretisieren:

  • Leicht auffindbare, markante Eingänge zu Schlossplatz und -garten
  • Eine Sichtbarkeit der Besonderheit des Museums (unterirdisch) bereits aus dem Außenraum
  • Ein einladendes Foyer mit Bezug zum Stadtraum
  • Drei räumlich unabhängig funktionierende Zonen innerhalb des Foyers (Besucher der Burg, Besucher der Ausstellungen und Schulklassen)
  • Die Integration sämtlicher begleitender Funktionen ins Foyer (Kasse, Shop, Garderobe, Lounge für Wartende, Raum für „Kommunikation“ und Museumspädagogik, Sanitäranlagen)
  • Sämtliche Hauptnutzungen ohne Niveauversprung (Foyer, „Auftakt“ der Dauerausstellung inkl. schwellenloser Übergang in die Hauptausstellung, Sonderausstellung)
  • Eine zentrale Zugänglichkeit für alle Ausstellungsbereiche (geringer Personaleinsatz)
  • Die Nutzung der vorhandenen Kapazitäten für die Klimaversorgung (Wärme-/ Kälte- und Luft) durch deutliche Verbesserung der energetischen Gebäude-Kennwerte
  • Optimale Nutzung regenerativer Energien

Diese ambitionierten Ziele lassen sich mit eigenen wenigen Interventionen in den massiven, unterirdischen Bestand erreichen, sofern der oberirdische Museumsbau der Architektengemeinschaft Böhm/Rosiny/Krüger, der stark sanierungsbedürftige „Leichtbau“ der „Tonne“ zur Disposition gestellt wird. Eine solche Lösung ohne „Tonne“ zeigen wir mit unserer Arbeit auf.

Das Foyer auf der „Festungsmauer“

Nun bietet sich die Möglichkeit, der Stadt nicht mehr nur den Rücken in Form einer geschlossenen Fassade zuzuwenden. Stattdessen kann die „Festungsmauer“ entlang der Talstraße zu einem Schaufenster zur Stadt entwickelt werden, indem das Foyer als Weg oberhalb der Festungsmauer inszeniert wird.

Die Sichtbarkeit des Museums

Die neuen Museumseingänge zeigen sich sowohl zum Schlossplatz als auch zum Schlossgarten mit großzügig überdachten Vorbereichen, einer städtischen Bühne ähnlich. Ihre zeichenhafte Figur weist mit einladender Geste hinüber in den städtischen Raum und zugleich auch hinab in den Untergrund, in dem sich das eigentliche Museum befindet.

Der brandschutzgerechte Abstand zum Südfl ügel des Schlosses verbindet

Schlossplatz und Schlossgarten großzügig und ermöglicht einladende Einblicke bis in die Tiefe des Museums.

Das Eintreten und die Begrüßung

Schon die beiden Windfänge, illuminiert durch Medienwände, die die aktuellen Ausstellungen bis weit in den Stadtraum ankündigen, machen „Appetit“ auf die Ausstellungen. Sie bieten unmittelbare Einblicke in die Sonderausstellung im Norden bzw. in den „Auftakt“ der Dauerausstellung im Süden.

Zum Schlossplatz hin begrüßt das „Amuse-Geule“ die Besucher als unmittelbares Gegenüber des Windfangs. Es ist vorab aus anderem Blickwinkel bereits von der Eingangsveranda aus zu betrachten.

Der Empfangstresen liegt in angemessen diskreter Entfernung und ermöglicht auf dem Weg dorthin einen ausgiebigen Blick über die „Festungsmauer“ in die Stadt gegenüber.

Das weit ausladende Vordach des Foyers bietet während der Sommermonate bereits einen ausreichenden Sonnenschutz. Erst um die Sonnenwende herum kann es erforderlich werden, sich gegen die tiefe Nachmittagssonne mit textilen Screens zu schützen.

Das Sich-Sammeln und Warten

Das schwellenlose Foyer bildet wie selbstverständlich unterschiedliche Bereiche für die verschiedenen Besucher-Typen. Dabei reiht es in seinem Rücken sämtliche dienenden Funktionen des Foyers unauffällig aneinander, Shop und Lager, Kasse, Garderoben und Sanitärbereiche.

Jeder der drei „Besucher-Typen“, Stadtführung, „normaler“ Museumsbesucher und Schulklasse hat entlang des „Stadtbalkons“ seinen eigenen Bereich des Wartens und Sich-Sammelns und auch seinen eigenen zugeordneten Garderobenbereich.

Die Besprechungen und Tagungen

Ein repräsentativer Ersatz für den bisher etwas versteckten Besprechungsraum im 1. OG der „Tonne“ wird als Fünfeck oberhalb der südlichen Eckbastion vorgeschlagen. Dieser unmittelbar an das Foyer angrenzende Ort bietet auch ideale Voraussetzungen für Tagungen sowie eine Fremdvermietung außerhalb der Öffnungszeiten.

Der Zugang zu den Ausstellungen

Unmittelbar neben dem Tresen von Kasse und Shop liegt leicht auffindbar der zentrale Zugang zu sämtlichen Ausstellungen, so dass bei mäßigem Besucherandrang kein zusätzliches Personal für den Einlass erforderlich ist. Von hier aus verbindet ein zentraler vertikaler Verteiler (Treppe und Aufzug) das Foyer auf kurzem Weg mit Dauerausstellung, Burg und Sonderausstellung.

Die Dauerausstellung

Der neue „Auftakt“ der Dauerausstellung an der sonnenabgewandten und vom Lärm der Talstraße unbehelligten Seite beginnt unmittelbar hinter dem zentralen Zugang und erlaubt auf einem kleinen Rundweg erste Einblicke in das Wesen der historischen Ausstellung. Dabei kann das Ausstellungsobjekt in der Vitrine am Garten-Eingang einen kleinen Höhenpunkt des Auftaktes bilden.

Das anschließende Hinabsteigen (oder Hinabfahren) in die eigentliche Dauerausstellung erfolgt entlang eines Panoramafensters in „Dialog“ mit dem Schloss (Ausblicke auf die Fassade und den Platz) und von dort nahezu niveaugleich in die Gewölbe des Schlosses.

Die Sonderausstellung

Treppe oder Aufzug weiter nach unten folgend erreichen die Besucher den Zugang zur „Burg“ und die neu konzipierte Sonderausstellung. Ihre nun 550 m² Ausstellungsfläche, niveaugleich im Untergeschoss, ermöglichen mit einer lichten Höhe von 4,5 bis 5,0 m eine maximal flexible Bespielung mit unterschiedlichsten Ausstellungskonzepten.

Auf- und Abbau werden unterstützt durch den zentralen, Lasten-tauglichen Aufzug (1,7 x 3,0 m) sowie für besonders große Ausstellungsobjekte durch die Scheren-Hebebühne (3,0 x 5,0 m) am Talstraßen-seitigen Tor. Während der Auf- und Abbauzeiten ist der Besuch von Burg und Dauerausstellung ungehindert möglich.

Historische Einordnung – Rück- und Weiterbau

Wir verstehen den Rückbau der „Tonne“ und die Hebung des kommunikativen Potentials, welches in der Böhm’schen „Festungsmauer“ schlummert, als ein Weiterbauen im Sinne der Urheber. So tragen die Stützensockel am oberen Abschluss der Mauer nun die schlanken Stützen des auskragenden Daches und off enbaren erstmals die kommunikative Kraft dieser Reihung.

Materialität

Entscheidend für die Bildhaftigkeit der neuen Baufigur ist die Materialität seiner Fassade. Die vorgeschlagene „Baubronze“ gibt sehr präzise das Farbspektrum des „Roten Saarsandsteins“ wieder, das an den historischen Treppenaufgängen und im Böhm´schen Schlosseingangs Verwendung fand. Mit seiner erdenen Schwere (als Kontrapunkt zur konstruktiven Filigranität) verweist es auf das Alleinstellungsmerkmal des Museums mit seiner nahezu vollständig unterirdischen Lage.

Zur Vermeidung unnötiger Lasten und im Sinne einer optimalen Zirkularität der eingesetzten Baustoff e wird die Konstruktion des Ersatzbaus in Stahl gedacht. Die Ausbaumaterialien orientieren sich u.a. an repräsentativen Bedürfnissen (Kirschholz im Foyer), an bauphysikalischer Optimierung (Lehmbauplatten als hygroskopischer Ausgleich im Ausstellungsbereich) und örtlicher Verfügbarkeit (Sichtestrich mit lokalen Zuschlagstoff en im Foyergeschoss).

Die ökonomischen und energetischen Vorteile eines Ersatzneubaus

Da sowohl die Dachhaut der „Tonne“ als auch ihre sämtlichen Fassaden einen erheblichen bautechnischen und energetischen Sanierungsbedarf haben (Wassereinbrüche, windschief und geringe Wärmedämmung bei zahlreichen Wärmebrücken), deren Sanierungskosten/m² deutlich höher liegen würden als entsprechende Neubaukosten, kann die grundsätzliche Frage gestellt werden, ob auch die ökonomischen und energetischen Fakten für einen Ersatzneubau sprechen. Verzichtet man auf die voluminöse Tonnenkonstruktion (sie erzeugt eine um ca. 50 % größere Hüllfläche als ein flaches Dach), so reduziert sich die energetisch relevante Gebäudehüllfläche insgesamt um ca. 5 %. Gleichzeitig verringert sich das aufwändig zu klimatisierende Raumvolumen der Ausstellungsflächen um ca. 10%, obwohl die Ausstellungsflächen selbst für „Auftakt“ und Sonderausstellung um ca. 15 % vergrößert werden können.

Mit einem Ersatzneubau können somit die ambitionierten Ziele eines Niedrigstenergiestandard sogar für das gesamte Erdgeschoss inkl. Decke zum Untergeschoss erreicht werden, ohne zusätzliche Kosten zu generieren.

Haustechnik

Die gänzlich neu gedachte Dachfläche ermöglicht den optimalen Einsatz regenerativer Energie. Hierzu schlagen wir ein „Kraftdach“ vor, bei dem großflächig PV-Module mit darunter angeordneten Solar-Luft-Absorbern kombiniert werden, die ihre Energie in Eisspeichern zwischenspeichern (im verbleibenden Raumvolumen des ehemaligen Fotolabors verortet). Eine Wärmepumpe macht diese Zwischenspeicher zum Heizen und Kühlen nutzbar.

Aufgrund des nun geringeren aufwändig zu klimatisierenden Raumvolumens kann vollständig auf die bisherige Lüftungstechnik zurückgegriffen werden. Dabei können die neuen Hohlräume auf der Bestandsdecke ideal für neue Leitungswege genutzt werden.

Der Grundgedanke des Entwurfes ist ein komplett neuer überirdischer Neubau, der die vorhandene Halle ersetzt. Dadurch entsteht die räumliche und gestalterische Freiheit, die den Verfassern für die Lösung der Aufgabe notwendig erscheint. Ein „Foyer auf der Festungsmauer" organisiert die Erschließung vollständig neu. Es ergibt sich eine offene, lichte Eingangssituation, der die Foyer Funktionen entlang eines Weges, der sich zur Talstraße öffnet, aufreiht. Durch die Erhöhung der Eingangsebene, die Öffnung über die gesamte Breite und die Blick-Durchlässigkeit wird der Eingang vom Schlossplatz aus deutlich markiert und wirkt einladend.

Städtebauliche Einbindung

Zur Talstraße hin ist die Erscheinung - anders als bei der aktuellen Situation - einladend und offen. Allerdings führt die Erhöhung der Eingangsebene dazu, dass die barrierefreie Erschließung nicht überzeugend gelöst erscheint. Der Durchgang entlang des Schlosses erhält durch das große Fenster ein attraktives Element, das den schmalen Weg aufwertet. Der „ Fußabdruck" ist zwar größer als der bisherige Bestand, aufgrund der geringeren Höhe erscheint der Baukörper aber zurückhaltend und ordnet sich dem Schloss klar unter.

Innere Organisation, Erschließung und Funktionalität

Der Weg durch das neue Gebäude ergibt sich selbstverständlich und endet als Passage oberhalb der östlichen Bastion. Durch die Offenheit ermöglicht dieses eine gute Orientierung. Allerdings ist die Aussicht auf die gegenüberliegende Bebauung der Talstrasse nicht so attraktiv, wie es die Perspektive zeigen will. Ebenfalls im Erdgeschoss ist der Auftakt zur Dauerausstellung. Diese Positionierung wird positiv gesehen, auch wenn die Lage des Einganges in Bezug auf die Position der Kasse zu überprüfen ist. Die Weiterführung über ein Zwischenpodest zu den Ausstellungsräumen im Schloss erscheint selbstverständlich und gelungen.
Der Besucherfluss im schmalen Foyer muss überprüft werden, da hier Engstellen auftreten können. Die Erschließung der Sonderausstellungsfläche über den Auftaktraum sollte intensiv mit den Nutzern diskutiert werden.

Konstruktion und Materialität

Die gewählten Materialien versprechen eine hohe Wertigkeit und lassen eine gute Atmosphäre in den neuen Räumen erwarten. Dieses betrifft z.B. die Haptik und die Akustik.
Da der oberirdische Bestand komplett abgebrochen wird und der Neubau als autarkes Gebäude zu betrachten ist, ergeben sich aus statischer Sicht keine nennenswerten Bedenken.
Sehr kritisch wird vom Preisgericht das Dach bewertet. Insbesondere in der „Vogelperspektive" des Modells wirkt es wesentlich massiver als dieses die Perspektive aus Fußgängersicht verspricht. In einer weiteren Bearbeitung sollte auf jeden Fall die Leichtigkeit und Offenheit in der Umsetzung aufgezeigt werden.
Insgesamt findet das Konzept viel Zustimmung, allerdings zeigen sich Punkte, bei denen eine Schärfung und Vereinfachung noch zu deutlichen Verbesserungen führen kann.

Wirtschaftlichkeit

Dieser erhebliche Eingriff in den Bestand wird auch ökonomisch mit den hohen zu erwartenden Sanierungskosten begründet. Dieses Argument erscheint glaubhaft, muss aber genauer überprüft werden.

Denkmalschutz

Ein radikal neuer mutiger Neubau, der von seiner Kubatur her dem alten Denkmal Schloss genug Raum belässt. Die Fassade in Stahl und die großflächigen Verglasungen heben ihn klar vom Denkmalbestand ab, öffnen ihn zur Talstraße hin und verleihen ihm eine erhöhte Transparenz gepaart mit einer zurückhaltenden, aber beeindruckenden Präsenz.

Energieeffizienz

Durch Abbruch des Bestandsgebäude bis ins UG, Eingriff in die Umgebung und den Neubau ist ein hoher Ressourcenverbrauch bedingt. Der Energiebedarf des neuen Gebäudes ist geringer, bleibt aber aufgrund des umfangreichen Verglasungsanteils deutlich unter den Möglichkeiten eines Neubaus und wird insbesondere im Frühjahr und Herbst bei tiefstehendem Sonnenstand zu deutlichen Kühllasten führen.

2. Platz

Bewerbergemeinschaft Oliver Brünjes mit Uwe Erhard / Saarbrücken

Das Konzept sieht den Erhalt des bestehenden Baukörpers in seiner Grundform mit dem bestehenden Eingang vor. Die Erweiterung erfolgt eingeschossig als transparenter Baukörper, der sich in seiner Höhe unterordnet, sich durch seine Geometrie aber deutlich von der stringenten Bestandsbebauung absetzt und somit eine Aufmerksamkeit mit eigener Identität und Spannung schafft. Durch seine exponierte Lage zum Schlossgarten hin wird eine weit sichtbare Präsenz geschaffen, die sich mit Fortführung des Raumgitters bis auf den Schlossplatz erstreckt.
Ergänzend hierzu wurde ein Amuse-Gueule in Form eines rahmenloser Glaskubus im Außenbereich positioniert, der die Decke zum Burggraben durchstößt und tags und nachts erste Einblicke auf das unterirdische, historische Erbe gibt und Lust auf mehr machen soll. Das Foyer mit Kasse, Shop und Garderobe erstreckt sich von dem Bestandbau in den Neubau.

Die Außenwand des Bestandbaus wird hierfür bis auf die statische Struktur freigelegt und großzügig geöffnet. Die entstehende Säulenachse bietet Raum für flexibel bespielbaren Medienscreens, die sowohl von außen als auch innen gut sichtbar die aktuellen Themen der Ausstellung transportieren. Sie können für jegliche Veranstaltungen geöffnet werden, sodass sich das Foyer in den Ausstellungsbereich erweitert und großzügig genutzt werden kann.

Der Kassenbereich mit Shop liegt zentral vor der neuen Treppenanlage, welche die beiden Geschosse über ein großes Treppenauge erlebbar miteinander verbindet. Sowohl der Shop als auch der Kassenbereich besitzen eine Stauraumzone entlang der Außenwand, die sich bis in das Foyer verlängert, um dort unter anderem auch Rollstühle und Kinderwagen zur Ausleihe unterzubringen.
Vorgelagert zu dem Kassenbereich befindet sich das zweite Amuse-Gueule und die Besucherevaluierung. Direkt anschließend an die Kasse können die Besucher die Garderoben erreichen oder direkt in den Ausstellungsbereich gehen.
Für Besuchergruppen im Rahmen der Stadtführung ist es weiterhin möglich, direkt über das Bestandstreppenhaus und den Aufzug in das Untergeschoss zur Burgausstellung zu gelangen. Hierüber werden auch die neugestalteten WC-Anlagen im 1.Untergeschoss erschlossen.

Die Foyerfläche im Neubau bietet neben der Veranstaltungsfläche unter anderem Raum für parlamentarische Bestuhlung. Das Servicemöbel als Raumteiler dient im Veranstaltungsfall als Präsentationswand oder Cateringbereich für einen Empfang, wie auch als Stauraum für die Bestuhlung.

Nach der Eintrittskontrolle kann der Besucher direkt über die Treppenanlage in das 2. Untergeschoss oder gerade aus in den Bereich der Wechselausstellung im Erdgeschoss gelangen. Die Wechselausstellung im Bestands- und im Neubau bietet unterschiedliche räumliche Möglichkeiten zur freien Gestaltung von Ausstellungskonzepten. Die höhere Ebene im Neubau wird über Verbindungsstufen und barrierefrei durch einen neuen Aufzug erschlossen.

Die Separierung einzelner Bereiche lässt unterschiedliche Veranstaltungen in Form von Kleinkunst, Theater oder „Poesie am Schloss“ zu.

Die neue Position und Gestaltung der zentralen Treppenanlage schafft eine Übersichtlichkeit, die eine zielgerichtete Verteilung zum Auftakt Dauerausstellung, Wechselausstellung und Intro zur Burg ermöglicht.

Die Fläche der Wechselausstellung wurde im Bestand in südlicher Richtung erweitert. Durch den Entfall der nicht mehr benötigten Lagerfläche und des Fotolabors kann auch die Zwischendecke mit Treppenhaus entfallen. Um weiterhin die Aussteifung des Gebäudes zu gewährleisten, werden statische Ersatzmaßnahmen getroffen. Durch diesen baulichen Eingriff in den Bestand kann auch der Zugang zum Roten Turm geöffnet und attraktiverer gestaltet

werden.

Die Anlieferung von Exponaten ist einerseits über den Schlossplatz seitlich durch das Foyer, andererseits über die Talstraße möglich. Die vertikale Verteilung erfolgt über den neu gestalteten Aufzug.

Energetisches Konzept

Die thermische Hülle besteht an den Außenwandflächen aus Glas, im Deckenbereich aus nachhaltigen Baustoffen in Form von massiven Brettsperrholzplatten.

Die Aufdach-Gefälledämmung wird aus Holzwolle-Leichtbauplatten hergestellt. Der sommerliche Wärmeschutz ist über die umlaufenden Lamellen am Gebäude gewährleistet.

Im südlichen Teil des Gebäudes zum Schlossgarten wird eine Solarthermieanlage mit 16 Quadratmeter für Heizung und Warmwasser, sowie eine PV-Anlage für Strom mit 38 KWp errichtet. Dadurch wird ein Deckungsgrad von ca. 70 Prozent der benötigten Energie erreicht. Den Wärmebedarf des Gebäudes erzeugt eine Luft-Wasser-Wärme Pumpe. Die Verlegung der Flächenheizung erfolgt in Mäanderform, so wird der Kaltluftabfall an den Glasflächen ausgeglichen.

Eine zentrale Zu- und Abluftanlage mit Wärmetauscher (Wirkungsgrad 94 Prozent) als Wärmerückgewinnung machen die Technik effizient. Gesteuerte Präsenz und Tageslichtdetektoren mit zwei Zonen-Tageslichtmessung sorgen für höchste Effizienz bei der Belichtung. Die Gebäudetechnik wird hierdurch integral betrachtet, je anspruchsvoller die Ziele, desto besser wird die Lösung.

Die Technikräume wurden im südlichen Teil des Bestandsbaus über 2 Geschosse mit möglichen Zwischenbühnen in direktem Anschluss an die bestehende Technikzentrale geplant.

Tragwerk/Fassade

Der Anbau wird in Leichtbauweise erstellt und kommt mit geringen Lasteneinträgen aus. Durch die geringen Spannweiten kann die Ausstellungsfläche stützenfrei gehalten werden.

Der Anbau zeigt analog zum Bestandbau eine außenliegende sichtbare Tragstruktur, welche zunächst das Achsraster des Bestandes übernimmt.

Nach Süden/Westen hin verdichtet sich die Stützenstruktur immer mehr und ermöglicht gleichzeitig durch integrierte, vertikale Lamellen in Form von herausklappbaren Lichtschaufeln die natürliche Belichtung, die Verschattung und Verdunkelung der Ausstellungsflächen.

Dies wird durch opak-schaltbare Glasflächen in der Fassade unterstützt und erweitert die möglichen Ausstellungsszenarien.

Die Holzkonstruktion kann in der Regel allein durch die einfache statische Dimensionierung in der Qualität F30 ausgebildet werden, durch Überdimensionierung ist auch eine höhere Brandschutzklasse zu erzielen.

Aufgrund der ebenerdig liegenden Ausstellungsflächen ergeben sich ausreichende Fluchtmöglichkeiten ins Außengelände.

Die Arbeit bewegt sich respektvoll im Bestand und bildet zugleich eine gute adressbildende Wirkung zum Schlossplatz.
Aus der Tiefe des Böhm'schen Baukörpers entwickelt sich flankierend eine Raumskulptur geschickt zu einem neuen platzbildenden, kenntlich gemachten Eingangsbereich.
Den Verfassern gelingt hierdurch eine adäquate zurückhaltende Raumfassung des Schlossplatzes. Der Bestandsbau wird durch eine angenehm wohlproportionierte dreiseitig umschließende Umbauung ergänzt, bleibt aber dennoch in seiner Kubatur und Präsenz klar ablesbar.

Ebenso ist der Ergänzungsbau durch seine eigenständige zurückhaltende sachliche Formensprache deutlich erkennbar, die Zeitschichten beider Bauten bleiben sichtbar.
Der zwischen Museum und Schloss vorgelagerte neue Baukörper öffnet sich durch einen leichten Rücksprung im östlichen Zwischenbereich zu einem kleinen Skulpturenhof mit ruhigen Verweilqualitäten.
Insgesamt wird ein deutlicher Nutzungsgewinn durch und die zusammenhängend fließenden Ausstellungsflächen erreicht.
Gleichzeitig ist der Flächengewinn verbunden mit entsprechend höheren Baukosten. Kritisch gesehen werden die zu großen Fensterflächen im östlich vorgelagerten Wechselausstellungsbereich, sowie die zu engen Stellungen der vorgelagerten vertikalen Elemente.

Tragwerk

Ungünstig ist, dass der Fahrstuhl und die vertikale Erschließungstreppe getrennt angeordnet sind. Die konstruktiven Eingriffe in den Bestand sind als überschaubar zu sehen. In der UG Decke wird ein neues Treppenloch hergestellt, die vorhandene Treppenöffnung wird geschlossen. Aus statischer Sicht ist dies grundsätzlich machbar.

Denkmalpflege

Der eingeschossige Erweiterungsbau ordnet sich trotz seiner individuellen Form- und Materialsprache sowohl dem Böhm'schen Museumsbau wie auch dem Schlossbau unter.
Vor der Südfassade des Schlosses schafft er mit seiner einrückenden Nordfassade eine neue Freifläche mit einer eigenen Aufenthaltsqualität.

Energieeffizienz

Die großvolumige Ergänzung des Bestandsgebäudes als Stahl-Glas-Konstruktion ist mit entsprechendem großem Ressourceneinsatz verbunden. Der umfangreiche Einsatz von Glas als Raumabschluss führt zum einen zu einem hohen Energieaufwand zur Beheizung als auch entsprechend hohen Kühllasten insbesondere in den Übergangsjahreszeiten bei tiefstehender Sonne. Der sommerliche Wärmeschutz über schaltbare Glasscheiben ist energetisch fragwürdig. Eine Heizungsunterstützung der Fernwärmeheizung ist unrealistisch.

3. Platz

studioinges / Berlin

Städtebaulich-architektonisches Konzept

Der Entwurf respektiert die städtebauliche Situation des frei auf einem großen Plateau stehenden Schlosses und des eigenständigen Museumsbaus. Durch Anheben und Absenken des Freiraums zwischen Schloss und Museum entsteht eine landschaftliche Faltung, durch die der fließende Raum zwischen beiden Gebäuden bestehen bleiben kann. Gleichzeitig wird mit dem Einschnitt für neue Freitreppe, die in der gesamten Breite zwischen Südflügel des Schlosses und Ausstellungshalle spannt, ein starkes Zeichen und eine klare Adressbildung zum Schlossplatz gesetzt, durch die der Besucher selbstverständlich zum neuen Haupteingang geleitet wird. Somit bleiben beide Baukörper, Museum und Schloss, als starke und eigenständige Solitäre erhalten. Durch den Abbruch der Bestandstreppe am Museum wird diese Wirkung noch verstärkt. Die großzügige Freitreppe lädt mit Sitzstufen zum Verweilen vor dem Museum ein und schafft eine neue Freiraumqualität für Museum und Schlossplatz.

Die Geländekante am neuen Haupteingang ermöglicht es zudem den Skulpturengarten vom öffentlichen Raum temporär zu trennen und für besondere Ausstellungen durch das Museum zu nutzen.

Funktionales Konzept

Das Anheben des Freiraums zwischen Schloss und Museum eröffnet die Möglichkeit eine Galerieebene für das neue Foyer einzuziehen. Es entsteht ein verbindendes Zwischengeschoss mit großzügigen Lufträumen, das an das Niveau des schon vorhandenen Zwischengeschosses unter der großen Ausstellungshalle anbindet. Diese neue Foyerebene betreten die Besucher direkt von der großen Freitreppe kommend. Der Besucher findet hier Orientierung und alle dem Foyer zugeordneten Funktionen: Aufenthalts- und Wartebereiche sowie multifunktionale Flächen für unterschiedliche Veranstaltungen Sind dem unmittelbaren Eingangsbereich zugeordnet. Museumsshop, Kasse, Information, Garderobe und WC-Anlagen sind um den um den großen, verglasten Luftraum zur Wechselausstellung angeordnet.

Der Entfall der Bestandstreppe eröffnet die Möglichkeit die WC-Anlage an gleicher Stelle zu erneuern, zu erweitern und um ein barrierefreies WC zu ergänzen. In diesem Bereich wir auch ein neuer Aufzug angeordnet, der direkt von der Freitreppe am Schlossplatz von außen ins Foyer führt und so einen, der fußläufigen Erschließung gleichwertigen, barrierefreien Zugang schafft. Die Lufträume schaffen eine klare funktionale Zonierung der einzelnen Foyerbereiche und bieten dem Besucher sowohl Orientierung als auch ein spannendes räumliches Erlebnis mit ersten Blicken in den Auftakt und in die Wechselausstellung.

Die offene Foyertreppe führt den Besucher zum Auftakt in der unteren Ebene. Der Auftakt ist der zentrale Verteiler in die einzelnen Museumsbereiche. Von hier gelangt man in die Dauerausstellung im Schloss, in die beiden Bereiche der unterirdischen Burg und in die Wechselausstellung.

Die Wechselausstellung befindet sich weiter in der Ausstellungshalle, im Unter- und im Erdgeschoss. Die prägnante lange Treppe der Halle wird leicht angepasst und bleibt weiterhin das zentrale Erschließungselement der Wechselausstellung.

Die Obergeschossebene mit dem Tagungs-/ Multifunktionsraum und das alte Foyer im Erdgeschoss werden zurückgebaut. Dadurch wird die Ausstellungshalle großzügiger und es entsteht ein „Schaufenster“ der Ausstellung zum Schlossplatz, in dem erste Exponate die Blicke der Besucher auf sich ziehen und das Thema der aktuellen Ausstellung in den Stadtraum tragen.

Die große Faltschiebewand der Ausstellungshalle unterhalb des „Schaufensters“ ermöglicht ein Öffnen der Halle zum Schlossplatz für besondere Events und Veranstaltungen. Zudem ist von hier eine niveaugleiche Anlieferung des Erdgeschosses möglich. Eine weitere Anliefermöglichkeit besteht auf der gegenüberliegenden Seite der Halle vom Skulpturengarten, niveaugleich zur Split-Level-Ebene der Wechselausstellung im Erdgeschoss. In diesem Bereich wird auch ein zusätzlicher Aufzug angeordnet, dessen Größe für Anlieferungen bemessen ist. Gleichzeitig dient er als barrierefreie interne Erschließung. Im Untergeschoss wird die Halle um einen Multifunktionsbereich für die Wechselausstellung erweitert.

Durch die Verlagerung des Multifunktionsraums im Obergeschoss auf die andere Seite der Ausstellungshalle und einen zusätzlichen Notausgang vom Untergeschoss direkt auf den Gehweg der Talstraße, stehen trotz des Entfalls der Wendeltreppe in jedem Geschoss zwei bauliche Rettungswege zur Verfügung.

Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit

Trotz des Zugewinns der für das Museum erforderlichen Flächen, bleibt der umbaute, beheizte Raum nahezu gleich groß. Für Heizung, Lüftung und Klimatisierung entsteht damit kein zusätzlicher Bedarf an technischen Anlagen. Die Gebäudehüllfläche gegen Außenluft ist sehr gering, die wenigen Glasflächen Richtung Nord-West machen den sommerlichen Wärmeschutz unkompliziert. All diese Faktoren versprechen ein sehr nachhaltiges und energieeffizientes Gebäude.

Die Lüftungsanlage wird in Bezug auf die Kanalführung angepasst. Die Zu- und Abluft von Unter- und Zwischengeschoss erfolgt weiterhin über die Lüftungskanäle unter der Bodenplatte, im Bereich der Halle unverändert, im Bereich von Foyer und Auftakt mit angepasster Kanalführung. Die großen Lüftungskanäle zur Be- und Entlüftung des Erdgeschosses werden von der Decke des Zwischengeschosses in den Luftraum der Halle verlegt.

Durch die Neuordnung des Raumvolumens entstehen nicht nur spannungsvolle Innenräume. Es entsteht auch ein sehr flächeneffizientes und wirtschaftliches Gebäude.

Für die Nutzung erneuerbarer Energien bietet sich die nach Süd-Westen orientierte Dachfläche des bestehenden Museumsgebäudes an. Hier könnte durch hochwertige, dachintegrierte PV-Module elektrische Energie für den Eigenverbrauch gewonnen werden.

Allgemeine Aspekte

Im Grunde orientiert sich der vorliegende Entwurf weitgehend an den vorhandenen historischen Gegebenheiten und nimmt nur unwesentliche städtebauliche Veränderungen vor. Auch die Gebäudehülle bleibt mit Ausnahme des Entfalls des Treppenturms im Wesentlichen unverändert. Die städtebauliche Qualität entspricht damit den derzeit vorhandenen Strukturen.

Die geplante Eingangssituation des Entwurfs hebt sich von allen übrigen Beiträgen durch eine prägnante „Tieferlegung" der Museums-Eingangsebene im Bereich zwischen dem Südflügel des Schlossgebäudes und dem Museum, sowie einer Anhebung anderer Freiräume in diesem Bereich ab. Dadurch entsteht eine großzügige Eingangs- und Foyer Situation. Der Eingang kann allerdings auf der Schlossplatzebene von Besuchern vermutlich erst beim Näherkommen vollständig erkannt werden. Von Betreiberseite steht eine verringerte bzw. verspätete visuelle Wahrnehmbarkeit des Eingangs zu befürchten. Demgegenüber entsteht eine großzügige Eingangs- und Foyer Fläche die den Anforderungen des Museums entsprechend gerecht wird.
Die geplante Situation erfordert allerdings statisch und konstruktiv aufwändige Eingriffe und Veränderungen an der vorhandenen Deckensituation. Ebenso wird der Wegfall des derzeit aussteifenden Treppenkerns in Eingangsnähe tiefergehende tragwerksplanerische Eingriffe erfordern. Der vorliegende Entwurf ermöglicht keinen wesentlichen Gewinn an zusätzlichen Ausstellungsflächen da keine Erweiterung des oberirdischen Komplexes vorgesehen ist.

Der vollständige Erhalt des „Böhm'schen Museumsgebäudes" macht eine vollständige und aufwändige Sanierung im Bestand sowie eine tragwerkstechnische und energetische Ertüchtigung desselben erforderlich.
Die Anlieferung sowie der barrierefreie Zugang befinden sich bei der Planung dominant an der aktuellen Eingangsfassade und zeigen sich an dieser „prominenten" Stelle gestalterisch wenig vorteilhaft. Eine gestalterische Anbindung zum Schlossplatz scheint dadurch schwierig.

Ein fußläufiger Umgang um das historische Schlossgebäude ist aufgrund der vorgesehenen ,,Eingangsabsenkung" nicht mehr möglich.
Demgegenüber eröffnet sich jedoch für das Museum die Möglichkeit, einen nur über das Museum zugänglichen Skulpturenhof auf der Freifläche im Außenbereich zwischen Schloss und Museum zu schaffen und zu erschließen. Dadurch ergeben sich neue und interessante Möglichkeiten bezüglich des musealen Konzeptes. Diese Flächen können dabei entweder ausschließlich den Museumsbesuchern oder optional allen interessierten Schlossbesuchern zugänglich gemacht werden, sofern dies erwünscht wäre.

Die Wegeführung im Ausstellungsbereich gestaltet sich dahingehend positiv, dass eine gute Orientierung durch Erschließungen der einzelnen Ausstellungsbereiche leicht und vergleichsweise schlüssig bereits auf der Eingangsebene möglich ist. Die Ausstellungshalle wird durch den Flächengewinn aufgewertet, ermöglicht jedoch auf der Ebene des Schlossplatzes keinen direkten Bezug zwischen Außenfläche und Ausstellung.

Der vorliegende Entwurf zeichnet sich durch eine weitgehend umfassende und respekthafte Zurückhaltung gegenüber der historischen Substanz im Umfeld und der bereits vorhandenen Erweiterungsarchitektur aus. Dieser Ansatz wird der Besonderheit des vorhandenen Ensembles entsprechend umfassend gerecht.

Denkmalpflegerische Aspekte

Der Entwurf besticht in mehreren Aspekten. Durch die Schaffung eines Zugangs über eine Treppe in ein Foyer im UG belässt er den Freiraum zwischen Schloss und Museum. Dieser erfährt im Östlichen Bereich durch die Anlage eines Skulpturengartens eine Aufwertung und verbindet das Museumsareal mit dem historischen Schlossgarten.

Statik/ Tragwerk

Die Decke über dem Skulpturenhof wird vollständig abgerissen. Hierbei ist der Bauzustand in Bezug auf die Gewölbekeller im Schloss zu beachten.
Ein neuer „Doppelboden" über der rückwärtigen UG-Decke des HMS stellt kein Problem dar. Der Außenliegende Treppenturm wird entfernt. Statische Ersatzmaßnahmen werden dadurch erforderlich.

Energieeffizienz

Der Entwurf greift umfassend in die Umgebung ein und ist entgegen der optischen Erscheinung mit großen Eingriffen in den Bestand und Außenbereich verbunden. Durch die konstruktiv erforderliche Ausbildung als Betonkonstruktion ist dies mit hohem Ressourcenverbrauch verbunden. Es sind ge­ ringe zusätzliche Energiebedarfe zu erwarten, da das vorhandene Gebäudevolumen kaum vergrößert und im Neubaubereich energetisch verbessert wird. Eine Reduzierung des Energiebedarfs ist nur im Zusammenhang mit einer Sanierung der vorhandenen Hüllfläche möglich. Die Integration erneuerba­ rer Energien zu Kühlung und/oder Heizung ist nicht thematisiert.

Zwei Anerkennungen

Neben den gekürten ersten drei Plätzen erhielten zwei Einreichungen eine Anerkennung: VON M GmbH aus Stuttgart und zwo / elf architekten aus Karlsruhe.

Präsentationsplan VON M GmbH zum Herunterladen (5 MB)

Beurteilung der Jury:

Die Arbeit des Teilnehmers 0003 geht davon aus, ohne jeden weiteren Anbau durch Neustrukturierung im Innern und Überarbeitung der Außenanlagen eine Antwort zu geben.
Er möchte damit das Ensemble Gottfried Böhms in seiner Gesamtheit stärken. Die Eingangsfassade wird neu transparent gestaltet, was eine große Außenwirkung hat, und um ein ausladendes Vordach ergänzt. Die Vordachlösung der Fassade wird dabei sehr kritisch gesehen.

Die Außenanlage wird neu gestaltet, ein taktiles Model führt zum Eingang. Der Bereich zwischen Schloss und Museum wird durch einen Skulpturengarten bespielt, der auch ohne Museumbesuch begangen werden kann.

Im Museum wird ein neuer Eingangsbereich geschaffen, der die Besucher in einem offenen Raum empfängt. Eine neue Treppen- und Funktionsanlage wird geschaffen, die als Dreh- und Angelpunkt dient. Über die Treppe erreicht man das Untergeschoss, das als Verteilergeschoss funktioniert.
Es bietet den Vorteil, dass von hier aus alle spezifischen Museumbereiche erschlossen werden können, hat aber auch den Nachteil, dass die eigene Orientierung schwierig ist und hier eine Führung mit zusätzlichen Hinweisen notwendig wird.

Der Gedanke, sich auf den Bestand, ohne jede Erweiterung zu konzentrieren wird durch eine Neuorganisation der Erschließung gewährleitet, schafft aber wenig zusätzliche Ausstellungsflächen Die neu eingezogenen Zwischenflächen werden kritisch gesehen, weil sie die Raumhöhe stark beeinträchtigt. Zudem gibt es viele kleine Einzelausstellungsflächen, die immer neu über Treppen zu erreichen sind.

Konstruktionsprinzip

Die Decke über EG wird im 1. Achsfeld entfernt. Da dieser Bereich für die Aussteifung der ersten drei Rahmen angesetzt wurde, sind hier Betrachtungen/ Ersatzmaßnahmen erforderlich.
Zur Anbindung des Vordachs sind Maßnahmen in den Außenlängswänden erforderlich. Die Lichtkuppeln in der Hofdecken müssen auf ein wirtschaftliches Maß also zwischen die Rippendecken platziert sein.
Eine grundsätzliche Machbarkeit ist gegeben. Die Barrierefreiheit ist gegeben

Denkmalpflege

Der Entwurf behält die Kubatur des Böhm'schen Baues im Erscheinungsbild seiner Platzfassade bei. Die transparente Westfassade wird mit einem halbrunden Vordach mit aufgesetzter Beschriftung ergänzt, was die Präsenz des Museumsbaues im Ensemble verstärkt. Positiv zu werten ist die Nutzung des Zwischenraums zwischen Museum und Schloss als Skulpturengarten, der Schlossplatz und Schlossgarten miteinander verbindet.
Der Ansatz sich auf die bestehende Kubatur zu beschränken und nur durch Neuorganisation Flächen zu schaffen, wird im Ersten positiv gesehen, es schafft aber nicht genug zusammenhängende Ausstellungsflächen.

Energieeffizienz

Die Qualität des Entwurfs in Bezug auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit liegt im Wesentlichen im Erhalt und Verdichtung des vorhandenen Volumens. Der Grad der Verbesserung der energetischen Qualität des Gebäudes und der Grad des Ressourcenverbrauchs des Umbaus hängt von der Detaillierung der Hüllflächensanierung und der konstruktiven Ausbildung der neuen Deckenkonstruktion ab. Das Energiekonzept bedarf tieferer Ausarbeitung.

Präsentationsplan zwo/elf architekten zum Herunterladen (5 MB)

Beurteilung der Jury:

Städtebau

Der Entwurf, den die Verfasser vorschlagen, vermeidet durch seine Konzentration auf einen Erweiterungsbau entlang der Nordfassade des Böhm'schen Museums Baues größere Eingriffe in das städtebauliche Ensemble Schloss - Schlossplatz - Talstrasse.
Allerdings wird die Fuge zwischen der bestehenden Halle und dem Schloss durch den Erweiterungsbau zu einem recht schmalen Durchgang, der den Museumsvorplatz mit der dahinterliegenden Schlossterrasse verbindet.
Die Eingangssituation wird etwas beengt und nicht gut auffindbar in diesen Zwischenraum verlegt. Das begehbare Objekt auf dem Vorplatz und die Periskope, die einen Blick in die darunterliegende Burg erlauben sollen, werden kritisch gesehen.

Erschließung

Über den Haupteingang betritt man im Erdgeschoss das Foyer, das von hier die Wechselausstellung und über eine zentral angeordnete Treppe die Dauerausstellung im Untergeschoss erschließt.
Insgesamt wirkt die Erschließung der verschiedenen Ausstellungsbereiche trotz starker Eingriffe in den Bestand etwas unübersichtlich, die verschiedenen Treppen erschweren eher die Auffindbarkeit der Zugänge zu den einzelnen Bereichen.

Architektonische Gestalt

Der neue Baukörper, der in west-östlicher Richtung leicht abfällt, wird in Holzbauweise konzipiert und durch eine Art Haut aus Metallschindeln umfasst. Diese Verkleidung mit Metallschindeln greift die Materialität des Museumsbaues auf und variiert diese wirkungsvoll.

Statik

Die Eingriffe in den Bestand des Museumsbaues werden aus statischer Sicht als grundsätzlich machbar gesehen.
Die größten Eingriffe sind in der Decke über dem Untergeschoss des Hofes vorgesehen.
Die neue Außenwand im Erdgeschoss muss mit entsprechenden Maßnahmen abgefangen werden, dies erscheint jedoch ebenso wie die neuen Öffnungen, die für die Treppen vorgesehen werden, als realisierbar.

Energieeffizienz

Der zusätzliche Energiebedarf des Anbaus wird durch die Ausbildung als Passivhaus minimiert. Eine insgesamte Reduzierung des Energiebedarfs ist nur bei umfänglicher Hüllflächensanierung des Bestands möglich. Problematisch ist das große Dachoberlicht, das nur mit einer aufwändigen Verschattung denkbar ist. Der Ressourcenverbrauch ist durch recht umfangreichen Eingriff in den Außenbereich, die Erweiterung des Gebäudes und die eingesetzten Materialien relativ groß. Hier besteht Optimierungsbedarf.